Zweite holt keine Punkte bei der Gersthofener Weihnachtsparty
Liebe Caissanerinnen und Caissaner,
am 08.12.2024 traten wir die lange Odyssee ins ferne Gersthofen an, um in der Kreisliga 2 die ersten Mannschaftspunkte einzufahren.
Direkt über den Spielräumen wurde eine ordentliche Fete mit dem schlechtesten DJ südlich des Nordpolarkreises gefeiert, der mit Pitbull, den Black Eyed Peas samt Kesha bei schepperndem Bass nicht nur im Obergeschoss die Damen ordentlich zum Wackeln brachte. Die Gravitas von sechzehn schwer in Gedanken versunkenen Köpfen in maximalem Kontrast zum dumpfen, wohl infolge des Rauschzustandes auch zunehmend arythmischen Fußgestampfe, begleitet von einem aufgewärmten Brei von wahllos mies abgemischten 90er bis 2020er Pop-Hits, verschmolz zu einem Schauspiel, das so bescheuert war, dass es auch schon wieder belustigte. Es war sicherlich die skurrilste Kulisse, die ich bis dato bei einem Mannschaftskampf erlebt habe – aber sei’s drum, wir ließen uns auf das Spiel ein. Schließlich wird es auch bei unserem Vereinsabend (jeden Donnerstag ab ca. 20:15 Uhr, Gäste immer gerne gesehen) auch zumeist … sagen wir: gesellig stimmungsvoll. Dementsprechend hatte ich die Hoffnung, dass unsere Nerven, hinsichtlich der Aufgabe in Spelunken- und Partyatmosphäre kognitive Höchstleistungen zu vollbringen, deutlich abgehärteter waren. Da ich selbst nicht spielte, schritt ich von Brett zu Brett und erlebte in allererster Reihe, wie sich die ganze Tragikomödie vor mir entfaltete.
Um meine zwanghaft mit dem Beat wippenden Füße ein wenig zu beruhigen setzte ich mich vorrangig hinter Stefan an unser Brett 3, dessen Stellungstyp ich sehr entspannend fand, weil er einiges an Gewinnpotenzial für unseren Angriffsspieler bot. Es zeichnete sich mehr und mehr ein f4-Verstoß ab, der die von Stefan heiß und innig geliebte „offene Linie“ versprach. Ich hoffte dass die Country Roads (Hermes House Band) ihn nach Hause zum Brettpunkt leiteten.
Doch auch an unseren Flanken an Brett 1 und Brett 8, sah es bereits früh verheißungsvoll aus. Markus hatte einen massiven Raumvorteil mit gleich fünf Bauern auf der vierten Reihe für sich beansprucht, die dem Gersthofener die Luft abzuschnüren drohten. An Brett 8 erkannte ich für Raman, der im Gegensatz zum strategischen Geschiebe den heißblütigen, taktischen Angriff liebt, durchaus eine Stellung mit Dynamite (Taio Cruz), in der er massiven Druck auf die weiße Stellung erzeugen konnte. Die weiße Königsstellung wirkte durchaus luftig, insbesondere da der schwarzfeldrige Läufer hinter einer Bauernkette am Damenflügel eingesperrt war und so die schwarzen Steine ungestört wichtige Felder bestreichen konnten. Schließlich sah ich auch die Lücke, in welche Ramans Dame auf g3 ins Herz der Verteidigung vorstoßen konnte. Als ich das nächste Mal vorbeischaute, brachte Raman gerade den Zug aufs Brett und sein Gegner verzog missmutig das Gesicht. Ein paar Abwicklungen später hatte Raman mit einem Läufer die Mehrfigur im Damenendspiel – ich rechnete schon mal mit einem Brettpunkt, behielt aber noch mein Poker Face (Lady Gaga).
Währenddessen schob Harald an Brett 4 ein Remis zusammen, nachdem sich bereits aus der Eröffnung heraus die Zentrumsbauern innig zu Macarena (Los del Rio) ineinander verkeilt hatten.
An Brett 7 bot sich uns eine freudige Überraschung, da unser Langzeitdenker Sven, der Schach wahrlich als Marathon und nicht als Sprint betreibt, bereits fertig war. Nachdem sein Gegner ohne Not a tempo in ein für ihn schwieriges, vielleicht sogar zwingend verlorenes Endspiel abwickelte, bewies Sven kühlen Kopf und rasierte die gegnerischen Bauern gnadenlos weg – ½ zu 1 ½ für die Gäste vom Perlachturm. Zu dem Zeitpunkt hatte ich durchaus High Hopes (Panic! At The Disco). Aber auch der Interpreten-Name wurde gleich zum Live-Programm – Tumult an Brett 8! In einer Stellung mit Mehrfigur hatte Raman die Übersicht über seine letzte Reihe verloren und kassierte einen Matt-in-1-Sucker-Punch alleroberster Güte nach einem furiosen Angriffsspiel, das er eigentlich von vorne bis hinten dominiert hatte. Die Hausherren zogen gleich.
Ein der Stelle auch ein kleiner bildungsmäßiger Einschub – auch für die Blogleser -, da Svens Gegner sich lautstark verwirrt zum Zeitformat äußerte und auch diverse Uhren der Gastgeber falsch eingestellt waren: Die Spielzeit ist nunmehr 90 Minuten für 40 Züge und 30 Minuten für den Rest der Partie. Ab Zug 1 gibt es 30 Sekunden Zeitaufschlag pro Zug. Das ist eigentlich gar nicht so schwer zu merken.
Nachdem der Gersthofener an Brett 5 eine Figur eingestellt hatte, Hard to Say I’m Sorry (Aquagen), und Mattis die Stellung danach auch deutlich vereinfachen konnte, endete er in einem Endspiel mit zwei Springern und zwei Bauern gegen einen Läufer und den nackigen König. Unglaublich abgeklärt versuchte er aber gar nicht erst die Bauern auf die Grundreihe zu schieben, sondern erlegte seine in die enge getriebene Beute mit einem Dark Horse (Katy Perry) seiner zwei Springer, während der hilflose Läufer in die Röhre schaute – die erneute Führung.
Weiter ging es mit Crying at the Discoteque (Alcazar) als Roman an Brett 6 seine Gewinnstellung mit Mehrbauer, nachdem sein Gegner unter lautem Geschimpfe im Mittelspiel eine Fesselung übersehen hatte, leider herschenkte. An dieser Stelle ein kurzer Ausflug in die Regelkunde, weil das in dem Spiel durchaus thematisiert wurde, weil Roman den Kontakt zu seinem Turm etwas vorzeitig abbrach, das mögen Schachfiguren nicht allzu sehr. Ich hoffe ihr zwei versteht euch wieder: „Wenn als regelgemäßer Zug oder Teil eines regelgemäßen Zuges eine Figur auf einem Feld losgelassen worden ist, kann sie in diesem Zug nicht mehr auf ein anderes Feld gezogen werden.(…)“ Fide-Schachregeln, Art. 4.7.
An Brett 1 konnte derweil der Kontrahent von Markus zum Gegenschlag ausholen und unser Primus geriet zunehmend unter Druck. Schließlich war ein erneuter Bauerngewinn für die schwarzen Figuren aus Gersthofen unvermeidbar und Markus musste die Segel streichen. Fire Burning (Sean Kingston), aber wer stoppt den Brand?
Auch an Georgs Brett 2 sah es nicht mehr allzu sehr nach Brandlöscher für uns aus, nachdem er im Mittelspiel eigentlich eine recht komfortable und sichere Stellung für sich herausgespielt hatte. Es war einfach eine Partie, in der es dann graduell bergab ging. In der Endstellung, in der sein Gegner ihm Remis bot, war jedenfalls ein ganzer Brettpunkt für uns nicht mehr drin – 4 zu 3 für die Hausherren.
Es blieb also Stefans Brett 3, um nur noch kurz die Welt (zu) retten (Tim Bendzko). Der spielte ein astreine Angriffspartie, in der er, wie wir in der Nachanalyse feststellten, sogar das richtige Turmopfer fand. Allerdings schaffte er es nicht den Knockout danach zu berechnen und endete in einer Stellung mit glattem Turm weniger. Aus Hot (wurde somit auch richtig) Cold (Katy Perry) und die letzte Partie ging ebenso in Flammen auf, weil sich der Gersthofener keine Schnitzer mehr erlaubte – Endstand: 5 zu 3.
Nachdem wir an mindestens sechs Brettern besser oder zum Teil auf klarem Gewinn standen, schafften wir es einfach nicht die meisten Partien in Brettpunkte umzumünzen. Konsequenterweise bringen wir damit auch am kuriosen Spieltag 2 keine Brettpunkte zurück in die Kresslesmühle. Wir gehen somit als Tabellenschlusslicht in die Winterpause und kämpfen im neuen Jahr um den Klassenerhalt und müssen da liefern: Pump It Up (Danzel).
Tabelle:
- SGA 2, 6 zu 0 MP bei 17 BP
- Gersthofen 1, 4 zu 2 MP bei 12,5 BP
- Göggingen 2, 4 zu0 MP bei 12 BP
- Kriegshaber 4, 2 zu 4 MP bei 9,5 BP
- SF Augsburg 5, 2 zu 2 MP bei 7,5 BP
- Thierhaupten, 0 zu 6 MP bei 7,5 BP
- Caissa 2, 0 zu 4 MP bei 6,0 BP.
Am 25.01.2024 gilt es dann für uns daheim gegen Kriegshaber 4 die Wunden mit 2 Mannschaftspunkten zu kauterisieren. Bis dahin – falls man sich nicht mehr sieht – wünsche ich bereits frohe Weihnachten und einen guten Rutsch!
Euer Simon